Alois Gustav Rockstuhl, Aquarell, Zar Nikolaus I. von Russland, 1834

Beschreibung

Alois Gustav Rockstuhl (1798–1877)
Porträt von Zar Nikolaus I. von Russland, 1834

Aquarell, mit goldgeprägter Papierborte, im Lederrahmen,
signiert und datiert m.r. Par Rockstuhl 1834,
Blattgröße 23 x 18,6 cm

Der Künstler:
Alois Gustav (russisch Aloisi Petrovich) Rockstuhl wurde am 26. Oktober 1798 in Wilna als Sohn des Kurländer Malers Peter Ernst Rockstuhl geboren. Nach Stationen in Mitau, Riga und Wilna gelangte die Familie 1804 nach St. Petersburg, wo der ältere Rockstuhl zahlreiche Miniaturen und Bilder für den russischen Hof und den Adel anfertigte. Sein Sohn Alois Gustav besuchte die dortige St. Petri-Schule und ab 1832 die Akademie, bevor er sich als freier Künstler, speziell als begehrter Porträtist der adligen Gesellschaft etablierte. Nach 1840 lehrte er auch an der Petersburger Akademie, war seit 1842 Hofmaler und erhielt im Jahr darauf den Professorentitel. Später wirkte er als Direktor des Arsenal-Museums im Monbijou-Pavillon im Alexanderpark von Zarskoje Selo. Er starb 1877 in St. Petersburg.

Die Darstellung:
Das Porträt zeigt Zar Nikolaus I. von Russland in prächtiger Paradeuniform. Er trägt einen dunkelblauen Mantel mit goldenem Kragen und ebensolchen Epauletten. Die blaue Moiré-Schärpe quer über der Brust weist auf die Unterstützung des Zaren für den russischen St.-Andreas-Orden – den Schutzpatron Russlands – hin, ebenso wie der rot-blau-silberne Bruststern oben rechts auf dem Mantel, der von den Fransen der Epaulette halb verdeckt wird. Die übrigen Bruststerne sind der russische Wladimir-Orden, das russische Abzeichen für den Persienfeldzug 1826–28, der Orden des Niederländischen Löwen und das russische Abzeichen für 15 Jahre Militärdienst.

Der Künstler zeigt den 38jährigen Nikolaus als stolzen, ernst blickenden Herrscher, getreu dessen Selbstverständnisses als Hüter von Autokratie, Orthodoxie und Volkstum mit einer besonderen Betonung auf allem Militärischen. Die feine Pinselführung und die perspektivisch genaue, in allen Einzelheiten perfekt ausgeführte Darstellung im Hochoval mit marmorierter Umrandung verrät die frühe Meisterschaft des Alois Gustav Rockstuhl als bevorzugten Miniaturmaler des russischen Hochadels.

Die Vorlage:
Das Porträt entstand nach einem Ölgemälde von Franz Krüger, das dieser während der ersten Monate seines ersten Russlandaufenthaltes vom Juni 1832 bis zum Mai 1833 angefertigt hatte. Es war eines seiner allerersten Bildnisse überhaupt und hatte einschlagenden Erfolg. Der Zar zeigte sich ob seiner Darstellung begeistert, so daß ein Erlass seines Kabinetts erfolgte, nach dem alle in demselbigen befindlichen Portraits S. M. des Kaisers auf den Tabatieren und Medaillons nach dem Portrait Krügers neu zu malen seien.[1] Noch während der Reise wurde Krüger zum Ehrenmitglied der Kaiserlichen Akademie der Künste in St. Petersburg ernannt.
Die verblüffende Lebenstreue dieses ersten Versuchs Krügers hat es sofort in den Rang des Staatsporträts erhoben und in einer Vielzahl von Kopien alle öffentlichen Repräsentationsräume gefüllt.[2] Als ein Stich von Carl Mayer erlangte das Porträt eine weite Verbreitung und diente als Vorlage für Miniaturen und Ölbilder anderer bekannter Künstler. Auch Rockstuhl selbst malte Miniaturen nach Krügers Vorbild, wobei das Anpassen des Dargestellten an sein fortschreitendes Alter und wechselnde Frisuren und Bartmoden gängige Praxis war. Auch das hier vorgestellte Aquarell weist bereits zwei Jahre nach Krügers Porträt einige leichte Veränderungen im Haar und Bartbereich auf.

 

[1] Russisches Historisches Staatsarchiv St. Petersburg, F.472, op. 13, d 320, zitiert nach: Wasilissa Pachomova-Göres, „Er ist der Unsere!“ – Franz Krüger und Russland, in: Der Maler Franz Krüger 1797–1857, Ausst.Kat., Berlin 2007, 51.
[2] Pachomova-Göres, a.a.O.