Joshua Reynolds, Prunkteller „Amor öffnet das Kleid der Venus“, KPM Berlin um 1805

Beschreibung

Prunkteller mit mythologischer Darstellung
„Amor öffnet das Kleid der Venus“ („Cupid Untying the Zone of Venus“)

Darstellung nach dem Originalgemälde „Cupid Untying the Zone of Venus“
von Sir Joshua Reynolds (1723–1792) aus dem Jahre 1784

Ausführung Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin um 1805
Durchmesser 24,2 cm
Marken Zepter in Unterglasurblau, darüber als Malereizeichen ein Strich in Aufglasurblau (1803–1813)

Darstellung:
Die Göttin der Schönheit und der Liebe, Venus, wird als kokette junge Frau dargestellt, die ihr Gesicht mit dem Arm vor unbescheidenen Blicken verbirgt. Der schelmische Amor, hier eher als der lustvolle Cupido verstanden, zieht am Ende des blauen Seidenbandes, das ihre Taille umschließt, und schaut aufmerksam zu seiner Mutter auf, um ihre Reaktion zu beobachten.
Die schöne Göttin trägt die Züge von Emma Hart, der späteren Lady Hamilton, die auch als Mätresse von Lord Nelson berühmt wurde und zu dieser Zeit regelmäßig als Modell für den Porträtmaler George Romney posierte.
Die weiß grundierte Fahne des Tellers schmückt ein Band aus neoklassizistischen Arabesken aus punktuell gehöhten Goldtuschen, der angedeutete Anstieg trägt einen vollgoldenen Ring mit reliefierten Anthemion-Motiven.

Original:
Das Originalgemälde des damaligen Präsidenten der Royal Academy of Arts in London Sir Joshua Reynolds entstand 1784, im selben Jahr in dem Reynolds offiziell zum Hofmaler des Königs ernannt worden war. Es erhielt im Lauf der Geschichte verschiedene Namen. Als „A Nymph and Cupid: ‚The Snake in the Grass’” wurde es im Entstehungsjahr erstmals auf der Akademieausstellung der Öffentlichkeit präsentiert;[1] es gelangte aus dem Besitz des ursprünglichen Auftraggebers Baron Carysfort 1871 an ihren heutigen Aufbewahrungsort, die Tate Gallery. Später waren auch folgende Titel gebräuchlich: “The Snake in the Grass, or Love unloosing the zone of Beauty”, “Love and Beauty”, “Cupid Untying the Girdle of Venus” oder einfach “Venus and Amor”.
Aufgrund des großen Erfolgs des Gemäldes fertigte Reynolds in den Jahren 1785 und 1788 zwei Auftragskopien, erstere für seine Nichte, die Marquise von Thomond und die zweite als Geschenk von Baron Carysfort für den russischen Fürsten und engen Vertrauten der Zarin Katharina der Großen Grigori Alexandrowitsch Potjomkin.[2]

Grafische Vorlage:
Eine weite Verbreitung in kunstbeflissenen Kreisen erreichte Reynolds frivole Darstellung durch mehrere Druckgrafiken, die in verschiedenen Editionen entstanden. Ein erster Punktierstich erschien bereits 1787 vom Bartolozzi-Schüler John Raphael Smith, 1802 folgte eine Mezzotinta gestochen von William Ward; auch Samuel William Reynolds widmete sich in einem weiteren Blatt der Widergabe des Gemäldes seines Namensvetters.
Eine dieser schwarz-weißen Grafiken lag wohl auch dem KPM-Maler vor, der nach 1803 das Bild auf den Spiegel des hier vorgestellten Tellers übertrug. Die leuchtende Strahlkraft der Aufglasurfarben wich, wie so oft, von der tatsächlichen Farbgestaltung des Originalgemäldes ab, allerdings wurden einige Details wie das jungfräuliche Weiß des Venuskleides und seine blauen Bänder und Schleifen originalgetreu wiedergegeben.

 

[1] Vgl. Ausst.Kat. The Exhibition of the Royal Academy 1784, S. 8, Nr. 177.
[2] Die erste Kopie befindet sich heute in der Sammlung des Sir John Sloane‘s Museums London, nachdem sein Namensgeber es im Mai 1821 aus dem Nachlass der Marquise bei Christie’s erworben hatte (vgl. https://collections.soane.org/object-p7, abgerufen am 11.01.2024). Die russische Version gelangte nach Potjomkins Tod 1792 in die Petersburger Eremitage, wo sie noch heute gezeigt wird (vgl. https://www.hermitagemuseum.org/wps/portal/hermitage/digital-collection/01.+Paintings/38690, abgerufen am 11.01.2024).