Beschreibung
Johann Carl Friedrich Riese
Bildnisbüste König Friedrich II. von Preußen, Entwurf 1805
Ausführung Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin 1931
Modellbucheintrag 1806 als König Friedrich II. Lebensgröße, in Uniform
Modellnummer 1374
Höhe 53,7 cm
Marken im unglasierten Inneren Zepter in Blau; Pressmarken Jahresbuchstabe ζ Zeta für 1931 und V; Ritzmarke Modellnummer 1374
Bei der hier gezeigten Porzellanbüste von König Friedrich II. von Preußen handelt es sich um ein
Meisterstück der preußischen Bildniskunst.[1]
Es ist eines von nur vier bekannten Exemplaren des seltensten Modells, das in der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin vom verstorbenen König erschienen ist. Gestaltet wurde das Porträt 1805 von Modellmeister Johann Carl Friedrich Riese, wohl unter Hinzuziehung einer Gipsabformung der 1786 von Johannes Eckstein abgenommenen Totenmaske des Monarchen.[2] Dennoch zeigte Riese Friedrich nicht als alternden Herrscher, sondern als den in der Blüte seines Lebens stehenden ersten Diener seines Staates, als den er sich Zeit Lebens selbst verstanden hatte. Uniform und Mantel mit Hermelinfell verweisen auf die militärischen Erfolge Friedrichs, während die zeitgenössisch-klassizistische Strenge in Pose und Frontalblick auch die intellektuellen Qualitäten des Regenten in Erinnerung rufen. Heim fügt passend zusammen: Eindrucksvoll setzte Riese in der Büste die geistige und moralische Führerschaft des großen Monarchen in Szene. Er stellte sich damit ganz in den Dienst der Monarchie, die zur Stärkung des Patriotismus den erfolgreichen Feldherrn und weisen, aufgeklärten Staatsmann intensiv als Identifikationsperson nutzte.[3]
Es wird gemeinhin davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Bildnis um einen direkten königlichen Auftrag handelte. Man wünschte sich seitens des preußischen Königshauses eine adäquate künstlerische Memorabilie an das wichtige, intensiv inszenierte Treffen zwischen dem Königspaar Friedrich Wilhelm III. und Luise und Alexander I. Zar von Russland, das am 5. November 1805 am Grab Friedrichs II. in der Potsdamer Garnisonkirche stattgefunden hatte.
Bereits am 3. Januar 1806 stellte Riese seine fertige Büste den Mitgliedern der Manufaktur-Kommission vor und erntete allseitiges Lob, das eine Sondervergütung von 100 Talern mit sich brachte. Außerdem sollte ein Exemplar als Erinnerungsgeschenk an den russischen Zaren gesendet werden. Eine weitere Ausformung erhielt die Preußische Akademie der Wissenschaften noch Ende Januar als Beweis der außerordentlichen artistischen und technischen Fähigkeiten der Porzellanmanufaktur. Der Öffentlichkeit wurde das Porträt aus kostbaren Marmor imitierendem Biskuitporzellan dann auf der Akademieausstellung erstmals präsentiert, hier neben zwei weiteren von Riese gestalteten Büsten von Zar Alexander und dem ehemaligen dänischen Staatsministers Graf Hartwig Ernst von Bernstorf.[4] Für das imposante Stück verlangte die Manufaktur einen Kaufpreis von 120 Talern. Ein achteckiger Sockel mit Marmormalerei verziert konnte für 30 Taler dazu erworben werden.
Der Forschung sind bislang nur drei überlieferte Beispiele dieses Modells von Riese bekannt: Ein auf 1830 datiertes, mit RIESE. Fecit: 1805 signiertes und datiertes Exemplar befindet sich in der Sammlung des Kunstgewerbemuseums Berlin (Inv.Nr. Hz 647), ein weiteres, wohl um 1910 ausgeformtes, in der Sammlung Werner des Johanniterordens, ebenfalls in Berlin. Eine dritte, in die unmittelbare Zeit des Entwurfs eingeordnete Version mit später ausgeformten achteckigem Sockel wurde 1998 von Ulrich Gronert Kunsthandel angeboten.[5] Bei der 1941 bei Lange in Berlin versteigerten Büste aus russischem Besitz, könnte es sich um die dem russischen Zaren geschenkte Ausführung handeln.[6]
Alle hier aufgeführten Ausformungen sind in Biskuitporzellan, also unglasiert, belassen worden. Unser Exemplar ist das einzig bekannte Stück, das eine dünne Glasurschicht trägt. Die feinen Detailgestaltungen des Künstlers, wie Friedrichs Schwarzer-Adler-Orden, sein gekräuseltes Jabot oder der Mantel mit Hermelinfell und Lorbeerlaubbordüre, sind auch hier perfekt erkennbar, dem erhabenen Gesamteindruck des Kunstwerks steht die feine Glasur keinesfalls entgegen.
Heim verweist in ihrer Beschreibung der Büste auf ein über 30teiliges, schellackiertes Gipsmodell, das sich im Modellkeller der KPM Berlin erhalten hat und einige kleinste Veränderungen gegenüber dem alten Modell von 1805 aufweist. Gleichzeitig stellt sie fest: Erfreulicherweise weist die Neuanfertigung des Modells nicht den üblichen Qualitätsverlust auf. Vielmehr nutzte man sie, um mit Hilfe geringfügiger Veränderungen etwa im Bereich der Augenpartie die Formgebung der Physiognomie zu beleben und ihr mehr Natürlichkeit zu verleihen.[7] Sowohl die Version des Johanniterordens als auch unsere sind wohl nach diesem Modell entstanden. Der griechische Jahresbuchstabe Zeta weist unsere Porträtbüste als 1931 ausgeformt aus. Auch in der parlamentarisch-demokratischen Weimarer Republik erfreute sich Friedrich der Große als Projektionsfläche verschiedener Kreise weiterhin großer Beliebtheit. Rieses Porträt, das sowohl das Bild des großen Feldherrn als auch das des aufgeklärten Philosophen und Kulturliebhabers zeigt,[8] konnte also eine Vielzahl von Liebhabern erfreuen.
Johann Carl Friedrich Riese hatte bereits 1800 eine Porzellanplastik Friedrichs des Großen erschaffen: In seiner Ballgruppe hatte er den Monarchen in einer anekdotischen Szene mit seinem Großneffen, dem späteren und zur Entstehungszeit amtierenden König Friedrich Wilhelm III., in fast identischer Uniformjacke und Spitzenhemd dargestellt.[9] 1811 folgte ein weiteres Porträt, daß den Monarchen in Cäsarentracht zeigte und heute als verschollen gilt.[10]
[1] Dorothee Heim, Die Berliner Porzellanplastik und ihre skulpturale Dimension 1751–1825, Berlin 2016, 121.
[2] Zu einer ausführlichen Würdigung von Rieses Friedrich-Bildnisses vgl. Heim, Nr. 150, 549–552.
[3] Heim, 549.
[4] Ausst.Kat. Berliner Akademieausstellung 1806, Nr. 500–502.
[5] Vgl. 30 Jahre Ulrich Gronert Kunsthandel, Berlin 1998, 20–21.
[6] Vgl. Auktionskat. Wertvolles Kunstgewerbe aus Berliner und anderem Privatbesitz, Hans W. Lange (Berlin), 19.–21. Mai 1941, Nr. 757, Abb. Tafel 84, zitiert nach: Gronert, 20.
[7] Heim, 551.
[8] Heim, 123.
[9] Vgl. Heim, Nr. 149, S. 544–548.
[10] Ebenda, 123.