Gerhard Gollwitzer, Wandteller mit Wiesenblumen, KPM Berlin 1939

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Beschreibung

Gerhard Gollwitzer (1906–1973)
Wandteller mit Wiesenblumen
Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin KPM, 1939

Modell Urbino Wandschüssel, rund, Größe 4
Modellentwurf KPM-Werkstatt unter Julius Mantel
Modellbucheintrag zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, wohl schon 1850er Jahre
Modellnummer 1054 / Taxnummer 1,3731
Dekor Wiesenblumen; aus einem Set von sechs Tellern mit ähnlichen Pflanzendarstellungen
Dekorentwurf Gerhard Gollwitzer 1938/39
Durchmesser 40,9 cm
Marken Zepter in Unterglasurblau; Reichsapfel über K.P.M. in Aufglasurrot; z (altdeutsch) und 3 in Aufglasurpurpur; Pressmarken Jahresbuchstabe ξ Xi für 1939, Au und 4

1939 lieferte Gollwitzer Malereidekore für eine sechsteilige Tellerserie mit Darstellungen verschiedentlich arrangierter einheimischer Wiesenpflanzen. Aufgemalt wurden diese auf großen, runden Urbino-Wandtellern. Die idyllischen Blumen- und Pflanzenbilder ergänzte Gollwitzer durch gelegentliche Bienen, Libellen und Schmetterlinge. Von dem auch als Zeichenlehrer und Kunstpädagoge wirkenden Künstler ist folgende Aussage überliefert, die die mögliche Entstehung dieser Serie treffend beschreibt: Um aber Gräser und Blumen recht zeichnen zu können, muß man in der Wiese liegen und den Gräserwald über sich schwanken sehen, muß die Wiese und die Erde riechen und die Sonne spüren. Schaue die Blumen an, bis sie dich anschauen.[1]
Der eigens zu Studienzwecken angelegte Garten mit angeschlossenem Glashaus auf dem KPM-Gelände bot den Malern und Auszubildenden die von diesen gern genutzte Möglichkeit, die Pflanzen in der Natur zu beobachten

Zum Künstler:
Ab 1936 schuf Gerhard Gollwitzer Modell- und Malereientwürfe für die Berliner Manufaktur. Zu einer bemerkenswerten Besonderheit in seinem Porzellanoeuvre wurden schnell die oft variierten Reliefarbeiten mit meist floralen, aber auch menschlichen Darstellungen. Seine Dekorentwürfe reichen von naturnahen Botanikdarstellungen in der Manier seiner KPM-Kollegin und guten Freundin Else Möckel über fantasievolle Weihnachtsdekore und detailgetreue Militaria- und Bergbauillustrationen bis zu stark stilisierten Pflanzendekoren. Ferner war der ausgebildete Kunsterzieher Gollwitzer an der Manufaktur auch für die praktische und kunsthistorische Ausbildung der angehenden Porzellanmaler zuständig. Die Wichtigkeit einer breit gestreuten Allgemeinbildung verdeutlichen die literarischen Bezüge in einigen seiner Form- und Dekorentwürfe (Eduard Mörike, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Hölderlin, Minne- und Liebeslyrik, Volkslieder u.a.).[2]

Gollwitzers Werken für die KPM ist kurz nach seinem 60. Geburtstag treffend zusammengefasst worden: Optimismus und Begeisterung für alles Edle und Schöne geleiten den Künstler auf allen seinen Wegen, und wenn man Zeichnungen, Pläne und Arbeiten von ihm in die Hand nimmt, so ist die Feststellung sehr leicht zu treffen, daß Stück um Stück ein Teil seines Wesens wie seines Lebens sind, von behutsamer Hand nachgezeichnet und mit einer Lust am Modellieren bedacht, daß es gar nicht ausbleiben konnte, ihm schließlich immer und immer wieder mit seinen Planungen und Entwürfen an der »Staatlichen« in Berlin zu begegnen.[3]

[1] Gerhard Gollwitzer, Freude durch Zeichnen, Ravensburg 1953, 54.

[2] Tim D. Gronert, Porzellan der KPM Berlin 1918–1988, Band 1, 401.

[3] Wolfgang Greiser, Berliner Porzellan, in: Sprechsaal 100 (1967), Ausgabe vom März 1967, 215.