Beschreibung
Prunkvase mit zwei Veduten nach C. D. Freydanck
avers: „St. Peter und Pauls Kirche zu Nikolskoe bei der Pfauen Insel“ und
revers: „Die Nicolai Kirche in Potsdam“
Geschenk von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen an den dänischen Thronfolger Friedrich VII. aus dem Dezember 1840
Ausführung Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin 1840
Modell Französische Vase mit vegetabilen Henkeln Nr. 4
Modellentwurf um 1830
Modellnummer 1606b
Taxnummern 5,3359/60 (Körper/Fuß)
Höhe ca. 48,5 cm
Marken Zepter über KPM in Unterglasurblau (1837–44); Reichsapfel über K.P.M in Aufglasurrot (ab 1832); o in Aufglasurgold; No. 2. in Aufglasurrot, Ritzmarke IIII (für die Größe) und Pressmarke 9 (unter dem Vasenkörper)
Im Hals in Aufglasurschwarz bezeichnet: „St. Petri u: Pauls Kirche bei Potsdam“, respektive „Die Nicolai Kirche in Potsdam“
DIE SCHENKUNG
Die hier präsentierte Prunkvase der KPM-Vase wurde 1840 von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen an den dänischen Thronfolger Friedrich VII. verschenkt. Sie war Teil einer Garnitur von drei gleich gestalteten Französischen Vasen der Größe 4, die jeweils zwei Ansichten aus Berlin/Potsdam zeigten.
Der entsprechende Eintrag auf Seite 145 im „Conto Buchs Sr: Majestät“ vom 14. Dezember 1840 lautet:
„Für Sr: Königl: Hoheit den Kronprinzen von Dänemark:
3 franz: Vasen mit verz: Hkl: No. 4, mit coul: Prospekte in Braun u [Gold] Viereck, nebst rosa fond darauf Gold arab: Hkl: Hals vergoldet als;
1 Brücke bei Glienicke u Schauspielhaus in Potsdam
1 Nicolai Kirche in Potsdam u Kirche St: Petri u Paul zu Nicolskoe bei Potsdam
1 Brandenburgerthor u Kreuzberg [254 Taler]
3 Schrauben [10 Taler]“[1]
Der Verbleib der anderen beiden Vase ist nicht bekannt.
DER BESCHENKTE
Friedrich VII. Karl Christian (dänisch Frederik 7., Frederik Carl Christian, 1808–1863) war von 1848 bis zu seinem Tod König von Dänemark und Herzog von Holstein. Er war der einzige überlebende Sohn von König Christian VIII. von Dänemark, und dessen erster Gemahlin Prinzessin Charlotte Friederike zu Mecklenburg-Schwerin, der jüngsten Tochter des Herzogs Friedrich Franz I. zu Mecklenburg.
Am 3. Dezember 1839 verstarb König Friedrich VI. von Dänemark. Nachfolger wurde sein Cousin Christian VIII., der Vater Friedrich VII. Karl Christians, der damit zum Kronprinzen avancierte. Die Krönung wurde am 28. Juni 1840 gefeiert. Die Bestellung der drei Porzellanvasen für den dänischen Thronfolger durch Friedrich Wilhelm III. hängt mit Sicherheit mit diesem Datum zusammen. Neben der Festigung der diplomatischen Beziehungen zwischen Preußen und Dänemark spielten bei der Schenkung des Dreiersatzes auch dynastische, d.h. familiäre Verbindungen eine Rolle. Der neue Kronprinz war nämlich ein Großcousin von Königin Luise, Friedrich Wilhelms III. 1810 verstorbener Ehefrau. Kurz darauf, am 10. Juni 1841, heiratete er darüber hinaus mit Caroline Marianne zu Mecklenburg-Strelitz eine direkte Cousine der preußischen Königskinder.[2]
DIE KIRCHEN
Beide Kirchenbauten entstanden auf Geheiß König Friedrich Wilhelms III. von Preußen und wurden im Jahr 1837 kurz hintereinander vollendet und eingeweiht.
St. Peter und Paul
Die Idee zum Bau eines Gotteshauses gegenüber der von der königlichen Familie geliebten Pfaueninsel soll von Prinzessin Charlotte gekommen sein, die 1817 den russischen Thronfolger Nikolaus (I.) geheiratet hatte. Bereits 1820 war mit Nikolskoe ein Blockhaus im russischen Stil erbaut worden, auch die geplante Kirche, für die erst 1834 der geeignete Bauplatz abschließend gefunden wurde, sollte, wie die 1826–29 erbaute Alexander-Newski-Gedächtniskirche auf dem Potsdamer Kapellenberg, an russisch-orthodoxe Kirche erinnern. Allerdings schufen die Schinkel-Schüler Friedrich August Stüler und Albert Dietrich Schadow letztendlich eine einfache preußisch-protestantische Saalkirche mit Turm, dessen Zwiebelkuppel die einzige Reminiszenz an Charlottes neue Heimat wurde.[3] Die Einweihung der Kirche St. Peter und Paul erfolgte am 13. August 1837.
St. Nikolai
Die Planungen zum Bau der Kirche St. Nikolai begannen schon in den 1820er Jahren. Allerdings hatten Vorgängerbauten bereits seit dem 13. Jahrhundert an der prominenten Stelle in Potsdams Zentrum gestanden. Zuletzt war 1795 die alte barocke Nikolaikirche abgebrannt und trotz diverser Ideen nicht wieder aufgebaut worden. Nach den erfolgreichen Befreiungskriegen und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Gesundung Preußens beauftragte König Friedrich Wilhelm III. schließlich 1826 Karl Friedrich Schinkel mit einem Kirchenneubau am Alten Markt. Ab 1830 leitete Ludwig Persius die Bauarbeiten, die sich zunächst bis 1837 hinzogen, bis am 17. September die Einweihung feierlich begangen wurde.[4]
DIE VORLAGEN
Bei beiden Kirchenansichten handelt es sich um Porzellanmalereien nach Vorlagen des berühmtesten KPM-Vedutenmalers des zweiten Drittels des 19. Jahrhunderts Carl Daniel Freydanck (1811–1887). Dieser lieferte zwischen 1837 und 1848 eine umfangreiche Vorlagenserie von Ölbildern mit Ansichten der wichtigsten Bauwerke von Berlin/Potsdam und Umgebung, aus den rheinischen Besitzungen Preußens und der königlichen Schlösser im schlesischen Riesengebirge.[5] Die Bilder dienten als Muster für zahlreiche Porzellandarstellungen auf Prunkvasen, Platten, Tellern, Schalen und Tassen.
„St. Peter und Pauls Kirche zu Nikolskoe bei der Pfauen Insel“[6]
Freydancks Ölbild der Kirche ist 1837 datiert und gilt als das älteste Bild des Künstlers überhaupt, das er als Vorlage für die KPM schuf. Es zeigt den von Stüler und Schadow entworfenen Kirchenbau als zentrales Motiv einer genauen Architekturansicht mit einiger Figurenstaffage und Bäumen als kompositorischen Extras. Im linken Hintergrund ist auch die zur Kirche gehörige Schule abgebildet.
1844 malte Freydanck den Bau erneut, diesmal aber setzte er der klaren Architekturansicht von 1837 ein theatralisch romantisierendes Stimmungsbild entgegen.[7]
„Die Nicolai Kirche in Potsdam“[8]
Das der Vedute zugrundeliegende Ölbild malte Freydanck ebenfalls zeitnah zur Kircheneinweihung im Herbst 1837. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit kurz nach seinem Gemälde von St. Peter und Paul entstanden (1837 oder 1838). Bereits ab 1843 wurde der Sakralbau durch Persius und Stüler nach Plänen Schinkels wieder umfassend umgebaut. Eine spätere Darstellung der Kirche von Freydanck ist nicht bekannt.
Beide Darstellungen der Kirchen zählen zu den am seltensten ausgeführten Freydanck-Veduten auf KPM-Porzellan. Im Kontobuch des Königs, das seine Geschenke bis 1850 auflistet, ist keine weitere Vase französischer Form mit der hier gezeigten Kombination von St. Peter und Paul und Nikolaikirche verzeichnet. Auch das umfangreiche Kompendium Along the Royal Road – Berlin and Potsdam in KPM Porcelain and Painting 1815–1848 zeigt keine Beispiele mit den Ansichten der beiden Kirchen auf Porzellan.[9]
[1] Conto Buch Sr: Majestät des Königs (Pret 2), S. 145 (245) im KPM-Archiv des Landes Berlin. Herzlichen Dank an Frau Eva Wollschläger und Herrn Dr. Samuel Wittwer für die Informationen zu dem Eintrag!
[2] Sowohl Friedrich VII. Karl Christians Ehefrau als auch sein Vater erhielten in der Zeit um 1840 prächtige Vasengeschenke aus dem preußischen Königshaus: 1838 wurde Carolina mit einer Münchner Vase No. 2 mit farbigem Blumendekor beschenkt (Conto-Buch, S. 138), 1843 ging eine Münchner Vase der 4. Größe mit Ansichten von Sanssouci und Neuem Palais auf Schildkrötfond an Sr. Majestät den König von Daenemark (ebd., S. 156). Vgl. Winfried und Ilse Baer, … auf Allerhöchsten Befehl… – Königsgeschenke aus der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin KPM, Berlin 1983, S. 87 und 89.
[3] Wohl lieferte auch Karl Friedrich Schinkel selbst einige Skizzen und Ideen zur Planung des Baus.
[4] Unter König Friedrich Wilhelm IV. – und nach Schinkels Tod 1841 – erhielt der Bau letztendlich doch noch eine ursprünglich bereits konzipierte Kuppel, deren Bau ab 1845 von Friedrich August Stüler beaufsichtigt wurde, nachdem auch Persius verstorben war. 1850 erfolgte die zweite Einweihung der nun vollendeten Kirche mit Kuppel und vier Ecktürmen.
[5] Vgl. ausführlich: Carl Daniel Freydanck (1811–1887) – Ein Veduten-Maler der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin, Berlin 1987.
[6] Abb. in: Freydanck 1987, Nr. 68, S. 149.
[7] Abb. in: Freydanck 1987, Nr. 69, S. 144 und Nr. 69a, S. 148 (Öl-Skizze).
[8] Abb. in: Freydanck 1987, Nr. 55, S. 136, Text, S. 133.
[9] Vgl. Along the Royal Road – Berlin and Potsdam in KPM Porcelain and Painting 1815–1848, New York 1993.














