Anton Puchegger, „Mandrill“, Schwarzburger Werkstätten um 1920

Beschreibung

Anton Puchegger (1878–1917)
Mandrill, sitzendes Männchen  

Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst
Entwurf um 1914
Ausformung um 1920, zeitnah der Ertsausformung
Modellnummer U1215
Höhe 21,5 cm
Marken Fuchs in Unterglasurblau; Pressmarken Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst und U 1215

Das äußerst seltene Modell des sitzenden Mandrills wurde von den Schwarzburger Werkstätten um 1919/20 posthum angekauft und in Porzellan ausgeformt. Insgesamt übernahm die Manufaktur zu dieser Zeit sechs Affenfiguren aus dem Nachlass des wenige Jahre zuvor verstorbenen Künstlers (Modellnummern U1212–17), u.a. auch das Pendant zum hier gezeigten Männchen, ein sitzendes Weibchen.
Der Forschung ist bislang nur ein farbig staffiertes Exemplar bekannt (s.u.).

Die Porzellanplastik zeigt exemplarisch die außergewöhnlichen Fähigkeiten des Bildhauers Puchegger in Beobachtung und Widergabe art- und gattungsspezifischer Besonderheiten in Verhalten und Ausdruck von Tieren, hier insbesondere von männlichen Mandrills, einer Primatenart aus der Familie der Meerkatzenverwandten. Seine Studien betrieb der Bildhauer vor originalen Exemplaren der Spezies im Berliner Zoologischen Garten.


Abb. einer farbigen Ausführung in:
Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst – Werkverzeichnis, Rudolstadt 2013, 161 (Anton Puchegger, Mandrill).
Ausst.Kat. Das Tier im Blick – Der Bildhauer Anton Puchegger (1878–1917, Bröhan-Museum Berlin, Berlin 2012, 84.
Ausst.Kat. Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst Unterweißbach, Museum der Deutschen Porzellanindustrie, Hohenberg 1993, 370.

 

KURZBIOGRAFIE:
1878 im niederösterreichischen Payerbach geboren absolvierte Anton Puchegger ab 1892 zunächst eine vierjährige Ausbildung an der Holzschnitzerfachschule in Bozen. Im Anschluß studierte er mit der finanziellen Unterstützung einer Adligen an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Im Zuge dieses Studiums hielt er sich als Stipendiat um 1900 auch eine zeitlang in Paris auf. In den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts leitete Puchegger im Auftrag des Freiherrn von Tinti zwei Jahre lang verschiedene Ausgrabungs- und Restaurierungsarbeiten auf Schloss Schallaburg. 1904 schlug er eine Berufung an die Kunstgewerbeschule in Znaim aus und siedelte stattdessen im Jahr darauf nach Berlin über. Hier wirkte er bis zu seinem Tod 1917 in Davos als freischaffender Künstler. Zunächst hielt er noch Kontakt nach Wien und entwarf einige Modelle für die Wiener Kunstkeramischen Werkstätten und das Emailfarbenwerk Schauer; auch die Bronzefigur eines 1908 in der Kunsterzgießerei Th. Th. Srpek gegossenen „Amerikanischen Bisons“ ist für diese Anfangszeit in Berlin gesichert. Der Durchbruch als Tierbildhauer geling Puchegger ab 1909 mit dem Verkauf von insgesamt elf Modellen an die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (nach seinem Tod übernimmt die KPM noch fünf weitere aus seinem Nachlass). Den Figuren gehen detailierte Studien im Zoologischen Garten voraus, viele seiner Modelle sind spezifische Tiere, die auch namentlich benannt werden können. Es folgen wenig später mindestens zehn Vogel- und Affenfiguren für die kurz zuvor gegründeten Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst. Neben einigen Alabasterarbeiten für die Berliner Firma Rosenthal und Maeder sind noch zwei Schreibsets in Bronze und Messing bekannt, eines davon um 1911 bei Orivit in Köln editiert. Zwischen 1910 und 1915 präsentiert der Künstler neue Arbeiten auf der Großen Berliner Kunstausstellung, vorwiegend in Holz, nur selten in Bronze. Auch andere Ausstellungen in Deutschland und Österreich beschickt er in diesen Jahren. Eine fortschreitende Lungentuberkulose führt schließlich zum frühen Tod Anton Pucheggers im September 1917. Die „Tierbilder“ betitelte Gedächtnisausstellung, die im Februar 1918 im Künstlerhaus des Vereins Berliner Künstler in dessen Andenken veranstaltet wird, rückt Pucheggers Einzigartigkeit noch einmal in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. So erwirbt die Nationalgalerie aus der Ausstellung zwei weitere Arbeiten (1915 war bereits ein hölzerner Uhu angekauft worden), u.a. ein großartiges Hauptwerk des Künstlers, das aus einem Block geschnitzte Porträt des Kameruner Schimpansenweibchen Missie. Zoodirektor Ludwig Heck und andere Kunstkritiker wie Georg Lenz und Fritz Stahl würdigen Anton Puchegger posthum. Es dauert jedoch bis ins Jahr 2012, ehe eine Ausstellung im Bröhan-Museum in Berlin und eine gleichzeige Wiederaufstellung von Missie in der Nationalgalerie für eine auch museale Neubeachtung des Tierbildhauers und seines Wirkens sorgen.

Vgl. ausführlich in: Anna Grosskopf, Das Tier im Blick – Der Bildhauer Anton Puchegger (1878–1917), in: Ausst.Kat. Bröhan-Museum Berlin, Berlin 2012