Beschreibung
Jais Nielsen (1885–1961)
„Christianshavn“ 1933
Unikates Bleiglasfenster im Holzrahmen mit Leuchtstreifen
Maße 86 x 136 cm mit Rahmen
Rechts unten signiert und datiert: JAIS (19)33
Links unten signiert AXEL ANDERSEN. GLASM.
Ehemals in der Sammlung der Danske Bank
Jais Nielsen, geboren als Johannes Knud Ove Jais-Nielsen, war ein dänischer Maler, Kunsthandwerksentwerfer und Keramiker, der insbesondere für seine Entwürfe mit religiöser Thematik für Figuren, Vasen und Geräte bekannt geworden ist. Als fester Angestellter der Porzellanfabrik Royal Copenhagen gestaltete er ab den 1920er Jahren zahlreiche Plastiken und Gebrauchsgegenstände, oft unter Verwendung spezieller Techniken und Glasuren (Reliefierung, Malerei, Ritzung, Seladon, Ochsenblut etc.). So entstanden sowohl Produkte für die Serienproduktion wie auch in seltenen Fällen Unikate.
Glasarbeiten nach Entwurf von Jais Nielsen sind extrem selten, solche die vor dem 2. Weltkrieg entstanden umso mehr. Erstmals beschäftigte sich Jais Nielsen wohl Ende der 1920er Jahre mit der Glasmalerei. Im Sommer 1930 wurden zwei Kirchenfenster im Kunstindustriemuseum Kopenhagen präsentiert, bevor sie in den Chor der Grenaa Kirche nordöstlich von Aarhus eingebaut wurden.[1] Sie zeigten zwei neutestamentarische Szenen, nämlich die Rückkehr des verlorenen Sohnes und die Auferweckung des Lazarus. Ihre Wirkung beschrieb Nielsens Zeitgenosse und Künstlerkollege O. V. Borch wie folgt:
Letztere, etwas später entwickelte Technik [die der Kabinettmalerei mit transparenten Farben, die ins Glas eingebrannt werden] wandte Jais Nielsen bei seinen Kirchenfenstern an und erzielte ein Ergebnis, das in seiner modernen Interpretation eine direkte Fortsetzung der besten Werke gotischer Kunst darstellt. Die Farben leuchten und wirken in ihrem opalartigen Klang festlich, und nur wenige dänische Künstler besitzen Jais Nielsens Fähigkeit, eine Fläche so natürlich und mühelos zu füllen und eine Komposition so klar und stimmig zu gestalten.[2]
In seinen späten Schaffensjahren zwischen 1949 und seinem Tod 1961gestaltete der Künstler nochmals Fenster für verschiedene Kirchen in Dänemark (Vor Frelsers Kirche in Vejle, Flintholm Kirche in Frederiksberg bei Kopenhagen, Tim Kirche in Westjütland u.a.).
Das hier gezeigte Glasbild von Jais Nielsen Christianshavn ist ein Einzelstück, das der Künstler laut Datierung im Jahre 1933 schuf. Es zeigt exemplarisch die künstlerischen Alleinstellungsmerkmale von Nielsens seltener Glaskust in Form, Dekor und Technik und verdeutlicht seine zeittypische Verankerung im europaweit vorherrschenden Art Déco. Die stilisierte Darstellung der Schiffe, der Säule und des Meergotts Poseidon ist charakteristisch für Jais Nielsen, der seine Kunstwerke stets nur mit seinem Vornamen signierte.
Das Fenster entstand möglicherweise als Auftragsarbeit und zeigt die maritime Tradition des ab 1618 im Auftrag Königs Christian IV. geplanten und auf einer künstlichen Insel angelegten Kopenhagener Stadtteils Christianshavn (Christianshafen). Ziel der Neugründung war es, eine befestigte Handels- und Arbeiterstadt nach niederländischem Vorbild zu schaffen – mit Kanälen, geradlinigen Straßen und Platz für Handel und Schifffahrt. Daher schmückt das Signet des Königs und Namensgebers die rechte obere Ecke des Bildes. Das Wappenteil in der linken Ecke mit der Jahreszahl 1641 bezieht sich auf den Zeitpunkt der Eingemeindung des neues Hafenareals in die Stadt Kopenhagen im selben Jahr.
Zwischen den beiden teils mit der dänischen Nationalflagge geschmückten Schiffen, die auf die große Geschichte der Seefahrer- und Handelsnation Dänemark verweisen, stellt Nielsen die Leda und der Schwan-Statue in den Mittelpunkt seines Bildes. Diese war ab 1610/11 eines der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt und befand sich direkt am Eingang des Arsenalhafens von Christianshavn. Als der zunehmende Schiffsverkehr die Vertiefung des Geländes erforderte, wurde die Säule 1795 entfernt. Ihr Verbleib ist unbekannt. Zuletzt schafft Nielsen mit der Figur des Meergottes Poseidon auf der rechten Seite eine religiös-mythologische Verbindung, da es sich um den Schutzpatron der Seefahrer handelt und er im Kopenhagener Stadtbild auf unzähligen Darstellungen (Reliefs, Wappen, Malereien und Skulpturen) zu finden ist.
Heute ist Christianshavn eines der spannendsten Viertel Kopenhagens. Geprägt von historischen Kanälen, charmanten Lagerhäusern und einer einzigartigen Atmosphäre, bietet es eine Mischung aus Geschichte, Kultur und modernem Stadtleben.
Ausgeführt wurde diese dekorative Bleiverglasung von Axel Andersen, der sich in seiner Werkstatt in der Bredgade 27 nahe dem Schloß Amalienborg auf die Herstellung von Kirchenfenstern und Glasmosaiken spezialisiert hatte und damit große Erfolge feierte.
[1] Vgl. O. V. Borch, Jais Nielsens Glasmalerier, in: Samleren 7 (1930), Heft 9 (September), 142.
[2] Borch, 142.








